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Ich bin stinksauer.

Stinksauer, sag ich euch. Gut, das ist nichts Neues, das kommt schon mal vor. Aber gerade bin ich so sauer, dass ich kotzen könnte.

Ich hatte heute einen Termin bei der Arbeitsagentur. Um 7:30 Uhr. Kein Problem für eine alte Frühaufsteherin wie mich, und wenigstens hat man es früh hinter sich und der Tag kann ununterbrochen weitergehen. Manchmal hat man ja was vor als Arbeitsloser. In Talkshows auftreten oder so.

In der Einladung stand: „Bringen Sie bitte noch zusätzlich folgende Unterlagen zu diesem Termin mit: Bewerbungsschreiben.“

Gut, denke ich mir, bring ich halt noch eins mit, ist ja kein Thema, aber mich wundert diese Fixiertheit auf Bewerbungsschreiben schon ein bisschen, ich habe denen ja schon zwei gemailt.

Ich komme also um 7:17 Uhr dort an. Stehe vor verschlossenen Türen. An denen immerhin ein Zettel hängt, der mich darauf hinweist, dass Kunden (ha) mit Termin doch bitte klingeln möchten. Ich folge dem aufgedruckten Pfeil nach rechts und identifiziere triumphierend die Klingel. Zwei Klingeln übereinander, ich weiß nicht, welche davon die richtige ist. Egal, ich entscheide mich für die obere.

Keine Reaktion. Innen laufen Menschen an der Glastür vorbei.

Untere Klingel.

Keine Reaktion. Innen laufen Menschen an der Glastür vorbei.

Hm.

Beide Klingeln gleichzeitig.

Keine Reaktion. Innen laufen Menschen an der Glastür vorbei.

Inzwischen bin ich nicht mehr alleine vor der Tür, es sind noch drei andere Kunden dazugekommen.

Ich starte einen letzten Versuch.

An einem Fenster neben dem Eingang bewegen sich die Vorhänge, eine körperlose Hand ist zu sehen. Tatsächlich kommt nun ein Mitarbeiter, öffnet die Tür und sagt mir, dass die Arbeitsagentur erst um 7.30 öffnet, und auch da erst die Tür aufgemacht wird.

Ich sage, zu diesem Zeitpunkt immer noch höflich, dass ich ja einen Termin hätte und man solle ja klingeln …

„Wir öffnen erst um 7:30 Uhr.“

Sagt’s und schließt die Tür wieder.

Es ist 7:26 Uhr.

Pünktlich um 7:30 Uhr ist Einlass.

Ihr Termin findet auf Serviceplatz 1 (Eingangsbereich) statt.

Vielleicht hat man das heute so:  Zumindest hier in Lampertheim gibt es direkt im Eingangsbereich der Arbeitsagentur Serviceplätze. Die sind mit ein paar Stellwänden abgetrennt, man kann also wirklich mit ein bisschen Konzentration hören, was an den anderen Plätzen gerade als Service ausgegeben wird. Sehen kann man das auch, durch die Durchgänge zwischen den Stellwänden. Die Kunden kann man dabei vom Eingangsbereich etwas besser sehen als die Servicekräfte.

Es stellt sich aber heraus, dass Serviceplatz 1 die Rezeption ist, besetzt von einem etwa 12 Jahre alten Mädchen, im folgenden Bericht von mir wertfrei als Empfangstrulla bezeichnet.

Ich gehe also hin, frage nach Serviceplatz 1 und erfahre: Ich bin schon richtig. Die Empfangstrulla fragt mich nach dem dem Bewerbungsanschreiben. Ich überreiche es und frage, ob ich zu jedem Termin eines mitbringen muss. „Nein, das war jetzt nur, weil wir von Ihnen noch keines haben.“

Auf meine Entgegnung, ich hätte aber doch bereits zwei per E-Mail geschickt, erfahre ich: Es ist angeblich nichts angekommen.

Die Empfangstrulla, in misstrauischem Ton: „Wo haben Sie das denn hingeschickt?“

Ich: „An die Adresse, die ich von Frau R. (meine zuständige Beraterin) bekommen habe, irgendwas mit Lampertheim123 …“

„Hier ist nichts angekommen. Haben Sie denn eine Bestätigung bekommen, dass das Schreiben bearbeitet wurde?“

„?“

„Daran merken Sie, dass es nicht angekommen ist.“

Aha. Hätte ich  mir gleich denken können, dass die E-Mail nicht angekommen ist, wenn ich diese Bearbeitungsbestätigung nicht bekomme! Ich Dummerle!

Leicht verwirrt frage ich, wem ich denn nun meinen Leistungsantrag geben dürfe.

Kurze Exkursion: Den Leistungsantrag habe ich schon seit Wochen und endlich war ist auch die Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber dazugekommen . Ich rufe also bei der 01801-Nummer der Agentur für Arbeit an und frage, was ich jetzt damit machen solle. Erfahre, dass ich dafür von der für mich zuständigen Niederlassung einen Termin bekomme, an dem das direkt vorab bearbeitet wird, damit alle Informationen drin sind und ich auch gleich Auskunft bekomme. Gut.

Wenige Tage später bekomme ich auch meine Einladung, eben die für heute. Die ich, rückblickend durchaus dumm, dahingehend auslege, dass das der große Auftritt für meinen Leistungsantrag wird, und ich aus unerfindlichen Gründen halt auch noch ein Bewerbungsschreiben abgeben muss.

Zurück zu heute: Ich frage die Empfangstrulla also, was ich mit meinem Leistungsantrag anstellen solle. Sie gibt mir einen Termin für Montag. Ich bin nur mittelmäßig begeistert, und weil ich es einfach nicht glauben mag, frage ich noch ein letztes Mal nach:

„Das heute war also einfach nur, um das Anschreiben abzugeben?“

„Ja, weil Sie uns das noch nicht geschickt hatten.“

Als ich gehe, halte ich die Bezeichnung Serviceplatz für irreführender als je zuvor.

Ich muss zugeben: Wenn ich nicht von der frühen Uhrzeit und dem Serviceplatz 1 so abgelenkt gewesen wäre, hätte ich natürlich auch sehen können, dass auf der Einladung als Betreff tatsächlich Vorlage Bewerbungsanschreiben steht (genau genommen ist es die „1. Einladung“, was dem Ganzen einen unerwarteten und aufregend bedrohlichen Beigeschmack gibt).

Dumm gelaufen für mich.

Ich will ja nicht mal unterstellen, dass den Arbeitsagenturlern einer abgeht, wenn sie einen so vollkommen sinnlos rumscheuchen (doch, will ich eigentlich schon) .

Aber ich bin mir relativ sicher, dass ihnen nicht klar ist, wie unglaublich ineffizient sie sind. Ist es denn wirklich sinnvoller, mir eine Einladung zu schicken und mich wegen eines einzigen Blattes Papier antanzen lassen, als mich telefonisch, per E-Mail oder ja, meinetwegen auch per Post zu informieren, dass sie immer noch kein Anschreiben von mir haben, und ich solle ihnen das bitte zukommen lassen? Per Post, E-Mail, oder persönlich vorbeigebracht?

Abgesehen von meiner natürlich Faulheit und Abneigung gegen die Arbeitsagentur, die noch in kein Leben Freude, Stolz, oder Motivation gebracht hat (und bezahlte Arbeit wahrscheinlich auch nur durch Zufall vermittelt), ärgert mich aber auch:

Nicht alle von der Agentur Verwalteten wohnen in der Nähe der zuständigen Filiale. Ich habe heute nur eine Stunde meines Lebens und ein bisschen Hoffnung verloren.

Andere Menschen müssen eine mehr oder weniger lange Anfahrt in Kauf nehmen, müssen sich vielleicht einen Babysitter suchen, müssen sich damit abfinden, dass die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus einem 20-Minuten-Termin einen Vier-Stunden-Unternehmen macht, sie müssen sich eventuell ein Auto organisieren oder jemanden bitten, sie zu fahren. Und meine Fresse, Leute, ihr müsst mir das jetzt einfach unbesehen glauben: In dieser Lage auch noch ständig Familie oder Freunde um Hilfe bitten zu müssen … das macht keinen Spaß.

Gut, dass man willkürlich einen Termin aufgedrückt bekommt, den man wahrzunehmen hat, ok. Als Arbeitsloser wanzt man eh nur daheim auf dem Sofa rum und kratzt sich am Arsch, da ist es ja egal, oder?

Was aber auch bedacht werden sollte: Wer zu einem Termin der Arbeitsagentur geht, dem können die Fahrtkosten erstattet werden. Ob das wirklich gemacht wird, ist eine andere Sache, die finden ja gerne Möglichkeiten, einen auf den Kosten für ihren eigenen Scheiß sitzen zu lassen. Aber wenn die Kosten erstattet werden, ratet mal, woher das Geld kommt?

Genau.

Das sind eure Steuergelder.

Ihr zahlt also nicht nur die Angestellten der Agentur, die morgens an der Eingangstür vorbeigehen, Kaffeetasse in der Hand, Blick von der Tür abgewendet, um nur ja keinen Augenkontakt mit der dumpfen Masse der Arbeitslosen und Arbeitssuchenden zu machen. Ihr zahlt auch die Fahrtkosten für jemanden, der einfach nur ein einziges Blatt Papier abgeben muss. Ich wage zu behaupten, dass die Fahrtkosten nur selten niedrigen sind als die 55 Cent für das Briefporto.

Your tax money at work.

Das Leben. Doof, aber mit Highlights.

Ich sage ja oft: Natürlich gibt es Gott, und er hat Humor! Als Beweis muss man sich nur mal die Nacktkiemer anschauen.

Jedenfalls, der spaßliebende Gott sorgt auch recht häufig dafür, dass es in den mageren Zeiten doch auch mal was zu lachen gibt.Wie gestern die Sache mit Michi mit dem Armen Irren und dem Apple-Update.

Heutiges Beweisstück 1:
Ein Spam-Kommentar zum von der Kritik hochgelobten Artikel Warum alles scheiße ist (außer UPS) von einem User namens Schwanz pille (hätte ich freigeschalten, komplett mit Follow-Link, wenn er das entweder zusammengeschrieben hätte oder wenigsten mit -Pille. Tja, Schwanz*, dumm gelaufen!).

Heutiges Beweisstück 2: Folgende Anfrage:

Guten Tag Herr Preis,

Ich bin immer auf der suche nach zuverlässigen und langfristigen Linkpartnern.

Da ich auf ihrer Seite https://www.aproposgarnix.de/ gesehen habe, dass Sie auch Linktausch betreiben, wollte ich Sie ebenfalls fragen, ob eine Partnerschaft in irgendeiner Art und Weise möglich wäre.

Hauptsächlich suche ich Links für folgende Projekte: […]

Muhar.

*Denkt eigentlich außer mir noch jemand grad an Schwanzus Longus?

Warum alles scheiße ist (außer UPS)

Wie ihr vielleicht wisst, habe ich eine Dreizimmerwohnung. Das dritte Zimmer läuft bei Familie und Freunden unter „Fetischzimmer“. Es ist eher klein (zwei Meter breit) und, wie man’s mit arg kleinen Räumen gern macht, dunkelrotviolettschwarz gestrichen.

Ich habe ewig hin und her überlegt, ob ich das tapeziere oder streiche. Meine Wahl ist vorletzte Woche auf Streichen gefallen, aus einem einzigen Grund: Streichen krieg ich auch allein gut hin, beim Tapezieren bin ich mir da nicht so sicher. Wink des Schicksals: Einen Tag nach dieser Entscheidung habe ich den Aldi-Prospekt für diese Woche bekommen – ab heute ist Farbe im Angebot (Premiumweiß, laut Öko-Test 4/2008  „sehr gut“, 11 Liter, 11,99 €).

Bei diesen ganzen Aldilidlnorma-Angeboten muss man sich ja ranhalten, damit man was abkriegt. Deswegen bin ich heute morgen auf dem Weg zur Arbeit zum Aldi und hab die Farbe und zwei Fertigsalate für heute und morgen mittag gekauft. Außerdem noch andere sortierte Nötigkeiten.

Oh, wer’s nicht weiß, ich habe kein Auto. Nur Fahrrad. Auf das habe ich den Farbeimer geladen – es ist erstaunlich, was das für eine Unwucht gab – und bin zum Büro geradelt. Bis daher ist es gutgegangen, wie ein Freund meiner Familie zu sagen pflegte.

Direkt vorm Büro riss die Glückssträhne. Der Eimer ist auf den Boden gefallen und aufgeplatzt (wer hätte auch gedacht, dass Farbeimer sowas nicht überleben?!). Aber keine Panik, nix befleckt gewesen. Also außer meinen Schuhen und meiner Jeans und meinem T-Shirt und meiner Handtasche und dem Fahrrad. Okay, und dann war da halt noch die Farblache von Größe des Bodensees.

Ich kürze jetzt episches, hektisches, wirres, mehrfaches Telefonieren mit Hausverwaltung und Hausmeisterdienst ab. Viertel nach zwölf kamen zwei Handwerker/Reinigungsprofis, die die Farbe weggeschrubbt und gewaschen und den Siff mit dem Nasssauger aufgesaugt haben. Ich habe ihnen fünf Arbeitsstunden quittiert. Die sie dem Hausmeisterdienst in Rechnung stellen werden, der sie wiederum mir in Rechnung stellen wird. Meinerseits hoffe ich, dass auf meine Haftpflichtversicherung abwälzen zu können.

Natürlich musste ich den aufgeplatzten Eimer – in zwei Lagen Gelbe Säcke verpackt –  dann besonders vorsichtig heimschaffen, sprich: das Fahrrad schieben und durch große Muskelanstrengung die ganze Chose sehr gerade halten, damit nicht nochmal was abstürzt.

Auch klar, dass ich die anderen Einkäufe im Büro habe stehen lassen.

Auch klar, dass ich danach nochmal zum Aldi bin, um einen frischen Eimer Farbe zu holen (auch wieder mit Heimschieben deluxe).

Auch klar, dass ich in meinem Geisteszustand eine Halbfettmozzarella erwischt habe.

Auch klar, dass es auf dem Heimweg geregnet hat.

Auch klar, dass ich mir unterwegs die linke kleine Zehe aufgerieben habe.

Aber ich will nicht nur nörgeln. Der Fleckwegschrubber war der gleiche Mann, der diese Woche schon mal da war und die Aufkleber des Vormieters von den Bürotüren geschrubbt hat. Und den ich da schon ganz toll fand. Sieht aus wie John Hannah, nur kleiner, kräftiger, und dunkle Haare. Aber sonst GENAU wie John Hannah. Im Gegensatz zu John Hannah hat der jetzt aber meine Adresse und meine Handynummer.

Als ich meinem John Hannah so die besagten fünf Arbeitsstunden quittierte, blutenden Herzens, aber überdurchschnittlich trockenen Auges, sehe ich den UPS-Boten nahen. Ich sehe auch, dass er nicht wie sonst mehrere große Pakete hat, sondern nur ein kleines. Ich frage also, ob das nur das kleine leichte Paket ist, weil ich das dann ja auch mit ins Büro nehmen kann, da muss er ja nicht den ganzen Weg runter gehen. Kommt er so vertraulich an mich ran, lehnt ein bisschen rüber und fragt: „Wo wohnen Sie denn?“

Ich: „Äh …Römerstraße …“

Er: „Nummer?“

Ich: „15 … wieso?“

Er: „Dann ist die Benachrichtigungskarte in Ihrem Briefkasten hinfällig!“

Lächelt breit, und zaubert das kleine Paketchen hinter seinem Rücken hervor. Hat der Gute mir mein Privatpaket ins Büro gebracht! Dabei hatte der sonst gar nix für uns. Ich hätt ihn abknutschen können, aber ich wollte ja nicht, dass John Hannah mich für eine Schlampe hält.

Auch klar, dass ich das Paket im Büro vergessen hab, oder?

Kurzer Zeitsprung zurück: Damit ich überhaupt zum Fünf-Stunden-Quittieren rausgekommen bin, haben mich meine Kolleginnen rausgeschickt, mit den Worten „Du sollst mal zu dem jungen Mann rauskommen!“

Ich gehe also raus, und da steht an der Eingangstür so ein Mann, der auch irgendwie zum Haus gehört, jedenfalls hat der neulich irgendwas für/mit/gegen unsere Leuchten unternommen. Ich sage also ganz fröhlich und ohne Hintergedanken: „Soll ich zu Ihnen? Meine Kollegin hat gesagt, ich soll zu dem jungen Mann!“

Er, erstaunt, aber erfreut: „Ach … nö … nicht dass ich wüsste!“

Ich mach mich auf dem Weg zu John Hannah, rufe Jungem Mann Nr. 2 zu: „Gut, dann mach ich erst den anderen, und dann komm ich zu Ihnen!“ und ernte damit ein fröhlich-freundliches Lachen.

Auf dem Rückweg komm ich wieder an ihm vorbei (später stellte sich auf lästige Weise heraus, dass der an unserer Türklingel zugange war), er reißt mir die Tür auf und herrscht seinen Hiwi an, er solle mir aus dem Weg gehen. Ich bedanke mich artig und gehe hinein. Da sagt er mir, immer noch mit so einem beseligten Schmelz in der Stimme, wie nett das von mir war von wegen „junger Mann„.

Darauf kann man ja nicht viel sagen, außer „Wieso? Sie sind doch keinen Tag älter als 35!“  Was auch genau das ist, was ich gesagt habe. Da hat er geschnurrt wie ein zufriedener Kater, was viel von diesem blöden Tag wettgemacht hat. Und ehrlich, ich könnte nicht sagen, wie alt der ist – könnte sportliche Endvierzig sein, oder ein hart geritttener Enddreißiger.  Haupthaar trägt er sehr kurz rasiert, was mir ja immer gut gefällt.

Apropos garnix, wir haben auf der Arbeit jetzt ein Zeiterfassungssystem. Funktioniert mit Fingerscan. Ich habe die Nummer 0001. Beim Ein- und Auschecken summe ich jedesmal ganz leise die Mission-Impossible-Melodie vor mich hin und hoffe, dass mich niemand dabei erwischt.

Ich will das nicht.

Ich muss ausziehen.

Jetzt ist es also tatsächlich soweit: Meine Vermieterin hat Eigenbedarf angemeldet. Ich muss bis zum 30.6. hier raus sein. Das fühlt sich für mich so an, als wäre jemand einfach so dahergekommen und hätte mir mit einem Baseballschläger so richtig die Fresse poliert.

Als besonderen Kunstkniff hat sie mir das am letzten Tag vor meinem Urlaub gesagt, so dass der auch gründlich im Arsch war. Am liebsten hätte ich das direkt allen gleich gesagt, aber ich wollte die Konfirmation von Nichte 1 nicht mit Heulkrämpfen verpatzen, also hab ich es für mich behalten. Am Samstag vor Ostern haben mich meine Eltern hergebracht, mit einer Aussteuerkiste voller Zeugs und vier Bücherkartons im Gepäck. Da hatte ich es ihnen immer noch nicht erzählt. Die nächsten Tage war ich praktisch nur im Bett oder auf dem Sofa gelegen und habe geheult. Mit kleinen Pausen zum Übergeben. Erst Mitte der Woche war ich dann soweit, dass ich das meiner Mutter am Telefon sagen konnte, ohne gleich wieder in Tränen auszubrechen.

Nein, das war kein erholsamer Urlaub.

Das alles ist für mich nicht nur deshalb so schlimm, weil ich wegen der mit dem Umzug verbundenen Kosten Gedanken mache, oder weil ich einfach Angst habe, dass ich das nicht auf die Reihe kriege. Es liegt auch daran, dass diese Wohnung wirklich wunderschön ist, und ich mich hier so sicher und daheim gefühlt habe wie schon lange nicht mehr. Auch nicht (vor allem nicht!) in meinem alten Kinderzimmer bei meinen Eltern.

Es ist ganz einfach so, dass ich keine Wahl habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand gerne und mit Freude umzieht, aber es ist vielleicht anders, wenn man es freiwillig tut. Vielleicht will man ja einfach mal eine Veränderung, oder braucht eine größere Wohnung. Ich wohne hier seit Dezember 2008.  Für einen Umzug bin ich noch nicht bereit.

Was mich so unbeschreiblich quält: Ich habe mir diese Wohnung ausgesucht. Ich habe mir damals verschiedene Wohnungen angesehen, und die hier war die beste. Zwar teurer als ich eigentlich geplant hatte, aber schon beim ersten Besichtigungstermin waren die Wohnung und ich uns sympathisch. Die anderen Wohnungen waren eher grottig, und zwar sowohl absolut als auch im Vergleich mit meiner – trotz luschiger hellblauer Wand im Schlafzimmer und unluschiger, aber deswegen nicht besserer roten Wand im Wohnzimmer.  Kurz: Ich hatte Alternativen, und ich habe die gewählt, die ich am besten fand.

Ich kann normalerweise in meinem Leben nicht wirklich viel entscheiden. Ich hatte zum Beispiel nie die Freiheit, mir von mehreren Jobs den auszusuchen, der mich am glücklichsten gemacht hätte. Ich war arbeitslos, ich brauchte einen Job, also musste ich den erstbesten nehmen.

Wenn ich was zum Anziehen kaufe, dann geht das so: Hmm, das passt einigermaßen, was kostet es? 50 Euro? Nee, geht nicht, dann nehm ich halt doch wieder das elende C&A-Teil für 12 Euro, der zerschlissene Pulli muss schließlich ersetzt werden. *

Es gibt immer nur eine ganz kleine Menge von Klamotten, die a) passen und b) erschwinglich sind. Falls ich dann auch noch was haben will, das mir mit seiner Hässlichkeit und Trübseligkeit nicht das Herz bricht, dann ist es meistens ganz aus. Wenn ich Glück habe, ist dann ein Teil da, das so halbwegs geht – und das ist schon das Best-Case-Scenario. Wo hab ich da eine Auswahl? Nehmen oder nicht nehmen? Meistens brauch ich es einfach, weil natürlich wird das Ganze verschlimmert davon, dass ich nur dann was Neues kaufe, wenn das Alte am Zerfallen ist.

Und bevor ihr mir mit tollen Tipps kommt: Zwischendurch einfach so mal was kaufen ist finanziell nicht drin.

Ihr wisst es vielleicht nicht: Es ist ein unglaublicher Luxus ein Kleidungsstück kaufen zu können, in dem man sich gut findet und das man einfach haben will. Für mich ist das fast ein bisschen utopisch. Positiver Nebeneffekt: Ich kann dann demnächst meine komplette Garderobe in einem einzigen Umzugskarton verpacken. Ja, ich versuche es mir schon alles schönzureden.

Ich konnte mich noch nicht einmal für oder gegen Kinder entscheiden, weil ich ja dank meines hilfreichen Frauenarztes dachte, ich könne eh keine Kinder bekommen. Jetzt ist es eh schon wurscht.

Meine Entscheidungen beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass ich mir aussuche  ob ich zu Fuß auf die Arbeit gehe oder hinradle, oder ob ich Haferflocken oder Toast zum Frühstück esse. Geil.

Bei den Wohnungen war es anders: Ich hatte Alternativen, hab mich aber für diese hier entschieden. Und jetzt wird sie mir wieder weggenommen.

Mir ist klar, dass ich voller Selbstmitleid bin und ihr nicht hierherkommt um euch von mir was vorjammern zu lassen. Aber wisst ihr was? Im Moment ist mir das egal.

*Selbstmitleid beiseite: Ich weiß, dass fast niemand (auch keiner mit Normalgrößen) mal so in ein Geschäft gehen und sich etwas kaufen kann, was direkt vom Fleck weg passt. Falls so jemand unter den Lesern ist, bitte melden. Mit so exotischen Geschöpf wie dir wollte ich schon lange mal reden!

🙂

ETA: Zum Thema „grad mal so passendes Kleidungsstücke“, oder besser gesagt RICHTIG passende Kleidung möchte ich auf manomama verweisen – da kann man sich die Klamotten ein bisschen anpassen lassen. Siehe auch das manomama-Widget oben rechts. Mir ist ja das gute Stück sehr sympathisch, und der Schal, und das Schmeichelei-Shirt … ich hab ja auch schon immer lieber Nagellack mit Namen statt mit Farbnummer gekauft. Das zieht auch bei Kleidung, stelle ich fest.

ETA 2: Hab ich übrigens erwähnt, dass ich hier erst im DEZEMBER 2008 eingezogen bin, und die VERFICKTE COURTAGE 923 Euro betrug? Das war nach einem Jahr Arbeitslosigkeit und zwei Monaten ALG II wirklich mehr als mein letzter Cent. Ich hab das damals vor mir so gerechtfertigt: „Die Wohnung ist klasse, und man macht sowas ja auch nicht alle ein oder zwei Jahre!“. Muhar.

Super-GAU.

Liebe Leute, es ist kein Backpulver im Haus.

Das hat mir gerade noch gefehlt. Gerade jetzt, wo ich entschieden habe dass das Backen eines Schokoladenkuchens die einzig erfolgversprechende Therapie für meine seelische Malaise ist! Einkaufen gehen kann ich aber auch nicht, weil meine Füße mehr Blasen als Zehen haben.

Scheißdreck.

Besonders schlimm: Ich hab am Sonntag erst ein halbes Päckchen Backpulver für Putzzwecke aufgebraucht!

Ich muss jetzt ein bisschen weinen, entschuldigt mich.

20 min., einen hysterischen Weinkrampf und 150 Gramm Hühnerbrust später.

Ich konnte und WOLLTE es nicht glauben, dass in diesem meinen Haushalt kein Backpulver zu finden sein sollte. Und natürlich hatte ich noch eins. Einen Zehnerpack sogar, um genau zu sein.

Ich mach mich also mal ans Werk.