Konsum! Fett! Wut und Zorn! Lebkuchen!
Ich habe heute eine riesige Bestellung bei H&M aufgegeben, wohl wissend dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit fast alles wieder zurückschicken werde. Ich fühl mich bei sowas immer arg schäbig, geht euch das auch so?
Ich hab aber andererseits auch wirklich keine Lust, mich an einem Samstag in Mannheim im H&M rumzutreiben, wo Dutzende kichernder Teenies die Umkleidekabinen blockieren. Und dann kann man auf einen Rutsch nur fünf Kleidungsstücke anprobieren, die eh nicht passen, weil bei den „BiB“-Sachen jedes Teil zu lang und zu weit ist, dafür aber an den Armen zu eng.
Mit 89-prozentiger Wahrscheinlichkeit haben die Teile auch einen Rollkragen (die restlichen 11% entfallen auf Hosen). Wenn doch mal was passt, ist es aus windigem Polyesterkrepp oder struppig-kratziger Wolle. Passende wie unpassende Kleidungsstücke gibt es nur in der Farbpalette von Schlamm bis Anthrazit. Weil dicke Frauen ja Farben nicht mögen, das ist wissenschaftlich erwiesen. Zumindest nach Meinung der H&M-Designer. Und die gehören noch zu den fettfreundlichsten Unternehmern. Es ärgert mich enorm, dass ich wegen meines Gewichts nur eingeschränkt Zugang zum doch recht grundlegenden Konsumgut Kleidung habe. Ich muss schon immer froh sein wenn ich etwas finde, das halbwegs passt.
Eleganz und Stil kann man sich da komplett abschminken. Komplett. Und kommt mir nicht mit dem Gerede von wegen „Stil ist keine Frage des Geldes!“
Übrigens fand gerade die London Fashion Week statt, und web.de berichtet, dass der Stylist und Laufstegchef von Mark Fast abrupt gekündigt hat, weil der bei seiner Modenschau drei megafette Models über den Laufsteg laufen ließ (Größe 40 bis 42 – das war auch der Zeit ein paar Zeilen wert.). Klar, bei solchen Monstern hilft natürlich auch kein Styling mehr.
Viele Modedesigner hängen ja ausschließlich den kleinen Größen an. Die Ausreden sind immer gleich: Mode sieht auf ganz mageren Körpern einfach besser aus; Mode für größere Größen (nicht vergessen, wir sprechen hier immer noch von Größen wie 40 und 42) sind sooo teuer in der Herstellung; Mode für große Größen fördert ungesunde Lebensweise, das können und wollen Designer nicht unterstützen.
Das letzte Argument ist eigentlich mein Favorit: Weil die Werbung mit Models, die in aller Öffentlichkeit Drogen konsumieren, hingegen von so großer sozialer Verantwortung zeugt …
Ich finde sowas eigentlich nur dumm, weil, wie jeder BWLer weiß: Dickes Geld ist genausogut wie dünnes Geld! Jeder Modedesigner der das nicht einsieht ist eine Gefahr für sein Unternehmen (ach ja, und eigentlich auch ein asoziales Gesockse!
Das ist genau wie die Männer, die keine dicke Freundin wollen, weil Dicksein ja so ungesund ist und sie sich sonst sorgen machen. Ja klar. Die Mageren fragt ihr bestimmt auch als erstes nach ihrer Gesundheit, ob sie vielleicht Diabetes haben oder Schilddrüsenprobleme … Deppen. Ich find’s ziemlich ok wenn ein Mann nicht auf Dicke steht. Aber dann soll er halt wenigstens den Arsch in der Hose haben und das auch tatsächlich so sagen.
Das bringt mich darauf, dass ich heute erst bei Netdoktor gelesen habe (flüchtig, weil es mich schon am Anfang so angenervt hat): Dicke sprechen schlechter auf Chemotherapie an.
Das wiederum hat mich daran erinnert, was ich schon vor Monaten, wenn nicht sogar Jahren bei Kate Harding vom wunderbaren Shapely Prose gelesen habe. Da hat nämlich so ein aufgeweckter Wissenschaftler festgestellt, dass kranke dicke Frauen bessere Chancen auf Heilung und Überleben haben, wenn man die Medikamentendosis dem Körpergewicht anpasst.
(Pause für Raunen und Staunen im Publikum)
Ich verwende ja oft den Begriff Fremdschämen, aber manchmal weiß ich nicht, wer schlimmeres Fremdschämen auslöst – Nachmittags-Talkshows oder Wissenschaftler.
Zusammenfassung der Tagesmeinung:
Dick sein ist kein Todesurteil. Schöne oder gar elegante Kleidung kann man sich dann aber abschminken, gerade wenn man klein ist. Das Gewicht ist auch kein Maßstab für Gesundheit oder irgendwie ein Anzeichen, an dem man die Lebensführung ablesen kann. Ja, ich bin dick. Nein, ich trinke nicht schon zum Frühstück drei Liter Diät-Cola, um damit meine 17 Nutellasemmeln auszugleichen (zuerst wollte ich Brötchen schreiben, aber da wo ich herkomme sind das Semmeln. SEMMELN.). Ihr könnt mir nicht ansehen, wie ich mich ernähre. Und ja, auch dicke Frauen kriegen Sex. Ja, mich überrascht das auch jedes Mal wieder.
Oh, heute gibt es einen besonders passenden Titel! Auf Platz 30 unserer Playlist: Brown Eyed Girl von Van Morrison.
Apropos garnix: Ich warne eindringlich vor den Bahlsen-Contessa-Lebkuchen. Geschmacksarm und übermäßig zuckrig. Aus unerfindlichen Gründen scheinen die am äußeren Rand eine Art Zuckerring zwischen Lebkuchen und Schokoladenglasur zu haben. Also nicht dass ich was gegen Zucker in Lebkuchen oder anderem Süßgebäck hätte! Aber ich finde schon, dass man ein bisschen Zucker einsparen kann, zugunsten anderer aromatischer Zutaten. Generell schmecken sie einfach mehr wie Altenheimgebäck.
Gut sind dagegen die Favorina-Lebkuchen vom Lidl (hergestellt von Lebkuchen Wicklein). Groß, saftig, aromatisch. Besser sind nur die Lebkuchen von meiner Mama, aber da startet die Saison leider immer erst Anfang November.