In der Schule war ich in Fremdsprachen immer besonders gut. Auch in Französisch, auch im Diktat. Mein größtes und eigentlich einziges Problem waren die Akzente.
Ich konnte mir schon damals nur schwer erklären, welcher Akzent wohin gehört. Um meine makellose Diktatbilanz aber nicht zu versauen, habe ich mit eine geniale Strategie zurechtgelegt: Ich habe weder einen accent aigu noch einen accent grave gesetzt (den circonflexe konnte ich ja), sondern einfach einen senkrechten Strich auf den betroffenen Buchstaben geknallt. Klappte jahrelang wunderbar und brachte mich auch zum 14-Punkte-Französisch-Abi.
Heute weiß ich natürlich, dass das eine total halbarschige Lösung ist. Damals dachte ich allerdings, ich hätte mich schlau aus der Affäre gemogelt und keinerlei Angriffsfläche geboten. Aalglatt, geschmeidig, ölgetränkt.
Warum ich das erzähle? Weil es mir so vorkommt, als habe die Mannheimer Staatsanwaltschaft ählich gehandelt. Nach dem beliebten Motto „Bei einem guten Kompromiss ist jeder unzufrieden“ hat die Staatsanwaltschaft jetzt ein Strafmaß von 4 Jahren und drei Monaten gefordert.
Im Klartext bedeutet das, dass die Staatsanwaltschaft entweder einen Vergewaltiger mit popligen vier Jahren und drei Monaten davonkommen lassen (immerhin für eine besonders schwere Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung), oder alternativ einen Unschuldigen vier Jahre und drei Monate einsperren will.
Fast schon macchiavellisch-salomonisch in der Art und Weise, wie die Mannheimer Justiz hier gar keinem gerecht wird.