Es geht mir besser als gestern, Nase läuft, was gut ist, weil sie dann wenigstens nicht verstopft ist. Zweifellos bin ich trotzdem dem Tode nah.
Ich bin ein bisschen verärgert, weil es am heutigen World Hugging Day zu keiner Umarmung kam. Außer BLYSS, die haben mich virtuell umarmt. Auf Schokomenschen ist Verlass.
Jedenfalls. Ich finde mein Blog ja logischerweise interessant und unterhaltsam. Es ist mir klar, dass das nicht zwangsläufig jedem so gehen muss, trotzdem wundert es mich, dass das Blog mit so geringen Besucherzahlen herumkrebst. Ich habe da mal was vorbereitet:
Die Spitze da ganz rechts, das ist vom Mittwoch, mit 310 Besuchern. Die minimal kleinere Spitze mehr links im Bild ist vom 16. März 2010, mit 71 Besuchern.
Wenn ich mir das so anseh – ein richtiges Beuteschema in Hinblick auf die Leser (vulgo: „Zielgruppe“) scheine ich nicht zu haben. Was mir auch egal ist. Solange ihr eure Beine unter mein Blog steckt, lest ihr, was aufs WordPress kommt!
Bonus: Blogeintrag heute mit großzügig geborgtem Content!
Falls ihr zwischendurch gern immer wieder mal einen kleinen Aufreger mitnehmt, dann empfehle ich euch meinen mehr oder weniger guten Freund Dierk, auf Twitter als @Evo2Me unterwegs.
Allerdings läuft er meiner Meinung nach unredigiert zur Höchstform auf, so wie bei seinem improvisierten angry rant von heute:
Früher haben die Konservativen sich über die Sozialpädagogen aufgeregt,
weil die immer die Schuld von einem Kriminellen oder Idioten wegschoben
auf die Eltern oder die Gesellschaft
Heute haben die Konservativen das perfektioniert
Dioxin im Ei – daran sind nicht die Panscher schuld, sondern die geizigen Verbraucher
überhaupt, die miese Qualität unserer Nahrungsmittel: Verbraucher und gesellschaft
Banker ziehen die Welt an den Abgrund – liegt an den Arbeitnehmern, die viel Geld im Alter haben wollen
Bahn kann Fahrpläne nicht mal im Ansatz einhalten – liegt an den Nutzern und am Wetter, wer kenn denn im Winter mit Frost und mehr Bahnfahrern rechnen
Karstadt pleite, aber Middelhoff bekommt Millionenbonus –
das liegt nur an der bösen Konkurrenz
und eigentlich ist das auch alles ganz ok
Soll mir irgendein FDP- oder CDU-Politiker nochmal was von Selbstverantwortung erzählen.
Säcke.
Weißt du, was passiert, wenn die Lebensmittelpreise tatsächlich ordentlich steigen?
Richtig, die Hersteller werden den gleichen Mist machen wie bisher, aber die Gewinnspanne ist höher.
Ich habe meine Meinung geändert. Ich habe doch noch etwas, das ich zur Deutschen Einheit sagen möchte.
Wir haben früher oft Tagesausflüge gemacht, meine Eltern, mein Bruder und ich. Da war es fast unumgänglich, dass wir auch gelegentlich mal an die Zonengrenze gekommen sind (ja, liebe Kinder, so hieß das früher).
Ich weiß nicht, ob ich das schon mal erzählt habe, aber früher, als Kind, fand ich es fast ein bisschen cool, dass Deutschland so getrennt ist. Nicht cool im Sinne von „gut“, und „cool“ gab es damals sowieso noch nicht, aber ich fand es eben vage interessant, weil andere Länder das halt nicht hatten. Ihr seht, ich hatte damals noch nicht einmal etwas von Korea gehört. War offensichtlich vor 1988.
Eines Tages waren wir also wieder an der Grenze zur DDR. Ich wusste damals schon, dass man da ganz vorsichtig sein musste, damit man nicht erschossen wird. Größere Gedanken über richtig oder falsch hab ich mir wohl nicht gemacht. Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind, vielleicht hab ich gefragt, aber ich kann mich noch genau erinnern, wie mein Bruder voller Verachtung sagte: „Die erschießen da die Leute, die aus dem Land rauswollen.“
Ich habe zwar damals gedacht, die erschießen Leute, die im Ausland Urlaub machen möchten … aber in diesem Moment wurde mir jedenfalls bewusst, dass diese Trennung in BRD und DDR etwas ganz Schlechtes war. Wenn ein Land seine eigenen Leute erschießt, dann ist das nicht gut, das konnte ganz offensichtlich sogar ein Kind verstehen.
Natürlich sieht man das mit den versprochenen blühenden Landschaften heute nicht so, außer man sieht vielleicht durch die Politikerbrille hin. Aber auch wenn die Landschaft nicht so blüht, wie man sich das wünschen würde, leben wir jetzt ALLE in einem Land, in dem man nicht einfach so von der Regierung erschossen wird. Auch die Leute in Chemnitz, in Niesky, in Rostock und in Ost-Berlin, in den Städten, in den hintersten Käffern und sogar da, wo früher die Mauer direkt durchs Dorf verlief, so dass man zwar in Spuckweite der Hauses der Großeltern wohnte, sie aber nicht mehr besuchen konnte.
Wem das nicht die paar verschissenen Euro für den Soli wert war – und darum scheint es vielen Leuten jahrelang gegangen zu sein -, dem ist eh nicht mehr zu helfen.
Übrigens weiß ich sowieso nicht, ob es die Leute, die angeblich die Mauer zurückwollen, ernsthaft gibt, oder ob die nicht einfach im gleichen BILD-Knallchargen-Schrank stecken wie die Leute, die eine „Sarrazin-Partei“ wählen würden.
So. Jetzt hab ich das auch mal gesagt.
Wenn ihr noch etwas Gehaltvolleres zur Deutschen Einheit lesen wollt, lest euch bitte Deutschland war einmal geteilt durch.
Der Tag der Deutschen Einheit hat’s sogar zum Google-Doodle gebracht, dem Ritterschlag für jeden aufrechten Feiertag. Und auch zum YouTube-Doodle – wusste nicht dass es das gibt. Übrigens ist heute auch der Tag der offenen Moschee. Wer in der Nähe einer Moschee wohnt, sollte das vielleicht mal wahrnehmen.
Oh, wie passend: Vorhin kam auf RTL2 „Schokolade zum Frühstück“, und was ist heute auf Platz 21 der Alextravaganza-Charts? Sehr richtig, Robbie Williams mit Have You Met Miss Jones?. Das Lied gibt es übrigens auch in einer viel früheren Fassung von Ella Fitzgerald, der Robbie Williams, bei aller Liebe, nicht das Wasser reichen kann.
Aber eine geile Sau ist er schon, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Ich hab vorhin im Fernsehen einen Film über das Wunder von Leipzig gesehen, und ich kann euch sagen: Wenn ich höre, wie tausende von Menschen „Wir sind das Volk“ skandieren, da stellt es mir heut noch die Haare im Nacken auf, und mir steigen die Tränen in die Augen.
Man hört ja immer viel davon, wie wahnsinnig groß derBeitrag von Ronald Reagan zur Perestroika und zum Fall der Mauer war, und ich muss sagen: Bullshit.
Politiker sagen viel wenn der Tag lang ist, und Äußerungen dieser Art („Mr Gorbachev, tear down this wall!“) bedeuten für sie auch kein persönliches Risiko. Im schlimmsten Fall machen sie sich damit zum Vollaffen, im besten Fall hört eh keiner zu.
In der 10. Klasse (1987) haben wir einen Schulausflug nach Berlin gemacht. War interessant, aber die Grenzontrolle auf dem Weg dorthin waren furchterregend. Ich frage mich immer noch, welch ein krankes System es für nötig halten kann, mehrere bewaffnete Polizisten in einen Bus mit Jugendlichen zu schicken.
Westberlin war aufregend und bunt. Ich habe im KaDeWe eingekauft und im Ägyptischen Museum die Büste der Nofretete angeschaut. Ich kannte die nur von Bildern, natürlich. Aber man bekommt ja gesagt, dass sie schön sei.
Ihr fehlt ein Auge, die Ohren sind ein bisschen angeschlagen, und auch der Kopfputz hat die Jahre nicht ganz unbeschädigt überstanden.
Sie ist wunderschön. Wunderschön, sympathisch und sehr anrührend.
Das war ein bisschen so wie zum ersten Mal eine Nachtigall singen zu hören. Du weißt dass es schön sein soll. Aber wie schön es wirklich ist, merkst du erst wenn du es selbst hörst. Und es fühlt sich an als reißt dir jemand das Herz aus der Brust.
Ostberlin war wie die Kulisse in einem schlechten Film. Ich habe da zum ersten Mal bemerkt wie langweilig eine Stadt aussieht, wenn es weder Werbung gibt noch bunte Autos.
Unsere Lehrer hatten uns ja vor illegalem Geldwechseln gewarnt, das sei ganz verbreitet dort, und furchtbar illegal, und manchmal versuche die Polizei einen in die Falle zu locken. Zehn Mark musste man an der Grenze zwangsumtauschen, und dann mussten wir den Mist irgendwie ausgeben – nur wie? Es gab ja nix! Zumindest die Chorschüler (ich war auf dem Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium in Windsbach, da waren viele Mitglieder der Windsbacher Knabenchores) waren fein raus, die waren logischerweise alle so musikbegeistert, die haben sich irgendwelche Noten gekauft. Streberpack.
Ich glaube, unsere Klasse hat dann aus reiner Verzweiflung eine komplett antisozialistische Schneise des übertrieben hohen Trinkgelds durch Ostberlin geschlagen.
Am schlimmsten war aber eigentlich der Grenzübergang. Ich war ja die einzige in meiner Klasse, die noch nicht 16 war, deswegen mussten ich und mein Kinderausweis mit einem Erwachsenen über die Grenze gehen. Das war ausgerechnet mein ungeliebter Mathematiklehrer Herr V. Dieses Grauen wurde aber mühelos vom Grenzübergang selbst übertroffen (Grenzübergang Friedrichsstraße? Kann das sein?). Der war gefliest, überall, Boden, Wände, Decke – zumindest in meiner Erinnerung. Die Grenzbeamtinnen waren vom Typ Rosa Klebb, nur furchterregender. Ich war überzeugt dass die Fliesen nur da waren, damit sie das Blut von erschossenen Grenzgängern einfach nur mit Gartenschläuchen abspritzen müssen.
Ich musste damals dauernd daran denken, dass ich als Kind die Trennung der zwei Deutschlands eigentlich ganz cool fand – obwohl ich damals das Wort nicht kannte, ich glaub das gab es da noch gar nicht in dem Sinne. Ich fand es einfach exotisch, und war ein bisschen stolz darauf. Bei einem unserer vielen Tagesausflüge war ich dann mit meinen Eltern und meinem Bruder an der „Zonengrenze“, und man konnte von unserem Parkplatz aus ins Niemandsland schauen. Mein Bruder hat mir dann erklärt, dass die Soldaten auf Leute schießen, die aus dem Land rauswollen. Verstanden hab ich das aber nicht so richtig. Ich muss da so um die elf Jahre alt gewesen sein.
Ich hab erst damals in Ostberlin verstanden, wie grotesk diese ganze Sache ist, und wie abnorm. Nein, das war nicht cool. Das war ein furchtbarer, grauenhafter Alptraum, aus dem ich noch am gleichen Tag wieder erwachen durfte. Für viele andere hat das noch ein paar Jahre gedauert.
Nein, liebe Leute, der Fall der Mauer war kein Triumph der Politik, das war ein Triumph der Bürger, die auf die Straße gegangen sind, obwohl sie buchstäblich alles zu verlieren hatten. „Tear down this wall“ liess und lässt mich kalt.