„Darf ich dir etwas anbieten?“ fragte mich meine Freundin K. im vergangenen Sommer. Ich weiß noch, dass ich mich wunderte, weil sonst ruft sie aus der Küche einfach nur „Tee?“, während sie schon den Wasserkocher in der Hand hat. Sie wollte mir aber keinen Tee anbieten, sondern dass ich meinen Kater Louie bei ihr im Garten beerdigen könnte.
Zu dem Zeitpunkt wusste ich schon seit Monaten, dass ich meinen Louie verlieren würde. Im Frühling waren mir neue Knoten aufgefallen. Der Krebs war zurück. Diesmal konnten wir nichts mehr machen, es waren zu viele Stellen, und ein Tumor war direkt an der Wirbelsäule. Die Ärztin nahm Proben und ließ sie untersuchen. Ihr Anruf begann mit „Frau Preis, ich habe leider keine guten Nachrichten …“.
Für mich brach eine Welt zusammen. Ich war mir doch so sicher gewesen, dass Louie den Krebs besiegt hatte. Außerdem war es da immer noch genauso unfair wie 2015 – damals hatte ich ihn noch nicht mal eineinhalb Jahre! Das war einfach nicht gerecht. Das ist auch jetzt einfach nicht gerecht, ich habe ihn so geliebt, das ist nicht okay, dass er mir weggenommen wird von so einer Scheißkrankheit.
Meine größte Sorge war, dass ich es nicht merken würde, wenn es ihm nicht mehr gut geht. „Das merken Sie, Sie kennen ihn gut genug“, sagte mir die Tierärztin damals. Sie meinte, ein halbes Jahr mit guter Lebensqualität könnten wir noch schaffen. Das war am 24. April.
Die Tierärztin und ich haben beschlossen, dass es Louie dann einfach nur noch gut gehen sollte, so lange ihm eben noch Zeit blieb. Er bekam Kittenfutter, weil das energiereicher ist, Misteltropfen, die vielleicht das Tumorwachstum verlangsamen, und einfach generell alles, was er wollte. Nach ein paar Wochen kamen auch noch täglich Schmerzmittel dazu, und so ging es ihm durchaus gut – er benahm sich wie vorher, konnte noch überall hochspringen, schlief so viel, wie eine alte Katze eben schläft, fraß gut, kuschelte gern und schnurrte viel dabei.
Am 24. Oktober weckte mich Louie auf und ich wusste, dass es jetzt soweit war. Also zog ich ihm seinen verhassten Anzug aus (den er trug, damit er nicht an den Tumoren leckte, und der er hasste), setzte mich mit ihm auf den Balkon in die Sonne und habe ihm erzählt, wie sehr ich ihn liebte und wie wichtig er mir war. Dann brachte ich ihn zur Tierärztin und ließ ihn gehen.
Zusammen mit meinen Freunden habe ich ihn bei K. unter einem Ginkgobaum begraben.